Definition von schwerem Asthma:
Schweres Asthma ist eine therapierefraktäre Erkrankungsform, bei der unter ICS-Therapie in Höchstdosis in Verbindung mit mindestens einem zusätzlichen Langzeitmedikament „Controller“ (Langwirkendes Beta-2- Sympathomimetikum oder Montelukast) oder systemischer Glucocorticoidtherapie > 6 Monate/Jahre bzw. bei Reduktion der Therapie mindestens einer der folgenden Punkte zutrifft : 3
- keine ausreichende Asthmakontrolle (ACT < 20) 1
- Atemwegsobstruktion persistiert: FEV1 < 80% des Sollwertes (FEV1/FVC < LLN) 3
- ≥ 2 corticoidsteroidpflichtige Exazerbationen oder ≥ 1 schwere Exazerbation mit stationärer Behandlung oder Beatmung in den letzten 12 Monaten. 3
Die Prävalenz liegt bei 3,6% unter allen Asthma-Patienten. Die Mehrheit der Patienten befindet sich in der Gruppe Adult-onset Asthma (Asthma Erstmanifestation nach dem 40. Lebensjahr). 1
Bei Patienten, die unter einer maximalen inhalativen Triple-Therapie (ICS in Maximaldosis, LABA und LAMA) kein gut kontrolliertes Asthma aufweisen, soll zunächst die Diagnose Asthma bzw. eine andere Erkrankungsmöglichkeit überprüft werden. Bei gesicherter Asthma-Erkrankung als Ursache der Beschwerden wird die Erkrankung zunächst „schwieriges Asthma“ genannt. Es soll im nächsten Schritt das Zurechtkommen des Patienten mit dem Inhalator, die richtige Inhalationstechnik und Adhärenz des Patienten geprüft werden. Auch ob vermeidbare Asthmatrigger ausgeschaltet wurden und ob Komorbiditäten, welche das Asthma aggravieren leitliniengerecht behandelt werden, sollte sichergestellt werden. Wenn die genannten Punkte alle zutreffen, und der Patient trotz maximaler inhalativer Therapie unter einem nicht gut kontrollierten Asthma leidet, soll laut GINA von einem „Schweren Asthma“ gesprochen werden. 1
Medikamentöse Therapie von schwerem Asthma: Tripletherapie
Asthmapatienten mit persistierenden Symptomen und Exazerbationen unter einer Stufe-4-Therapie trotz adäquater Therapietreue und korrekter Inhalationstechnik sollen eine Evaluation durch einen Pneumologen und eine additive Therapieoptionen auf der Grundlage einer fixen ICS/LABA-Kombination empfohlen werden. Empfohlen wird bei ungenügender Asthma-Kontrolle trotz Behandlung mit ICS (≥ 800 μg Budesonid pro Tag oder Äquivalent) und LABA sowie ≥ 1 Exazerbation im letzten Jahr das LAMA Tiotropium im Sprühvernebler oder ein LAMA im Rahmen einer zugelassenen hochdosierten ICS/LABA/LAMA-Fixkombinations-Therapie, der sogenannten Tripel-Therapie: 1
- Beclomethason/Formoterol/Glycopyrronium (Hochdosis: 172/5/9 μg: 2×2 Inhalationen)1
- Mometasonfuroat/Indacaterol/Glycopyrronium (1×1 Inhalation)1
Stufenschema der Asthma-Therapie bei Erwachsenen. Abkürzungen: ICS: Inhalative Corticosteroide, IgE: Immunglobulin E, IL-5: Interleukin-5, LABA: Langwirksame Beta-2-Sympathomimetika, LAMA: Langwirksame Anticholinergika, LTRA: Leukotrienrezeptorantagonisten, OCS: Orale Corticosteroide, SABA: Kurzwirksame Beta-2-Sympythomimetika. § Eine Rehabilitationsmaßnahme sollte spätestens ab Stufe 4 angestrebt werden. * Bislang als Bedarfstherapie formal nicht zugelassen, aber seitens der GINA (als präferierte Option) und seitens der NVL Asthma empfohlen. ** Eine SABABedarfs-Therapie ist einer ICS/Formoterol-Bedarfs-Therapie seitens der Prävention von Exazerbation unterlegen. # Gemäß ICS-Dosierungstabelle.1
Medikamentöse Therapie von schwerem Asthma: Biologika
Die Indikation zur Therapie mit monoklonalen Antikörpern sollte erst gestellt werden, wenn:
- unter dreimonatiger maximaler inhalativer Kombinationstherapie mit einem ICS in Höchstdosis, einem LABA und einem LAMA (Tiotropium) keine Asthmakontrolle erreicht wird.
Nach Ausschöpfung aller inhalativer Therapieoptionen und/oder bei Vorliegen einer OCS-Dauertherapie sind Biologika die Therapieoption der 1. Wahl. Die Entscheidung zu einer Biologika-Therapie sollte die Zahl der Exazerbationen im vergangenen Jahr, den Bedarf an systemischen Glucocorticoiden, die aktuelle Lungenfunktion, die Asthma-Kontrolle und die Asthma-bezogene Lebensqualität berücksichtigen. Wichtig sind auch individuelle, subjektive Einschränkungen im täglichen Leben, die bei der Einschätzung eines Therapieansprechens im Verlauf hilfreich sein können. Die aufwendige und kostenintensive Behandlung mit Biologika sollte von, in der Diagnose und Therapie von schwerem Asthma, erfahrenen Ärzten begonnen werden. Die initiale Auswahl eines spezifischen Biologikums ergibt sich aus der Zusammenschau von 4 Aspekten (ABCD-Regel): 1
– Anamnese (z. B. Alter bei Erkrankungsbeginn, klinisch relevante Allergien),
– Biomarker-Expression (z.B. Bluteosinophilenzahl, FeNO, IgE-Spiegel),
– Co-Morbiditäten (z.B. Atopische Dermatitis, CRSwNP, allergische Rhinitis) und
– Dosierungsintervall und anderen Spezifika der Biologika (z.B. Applikationsform) .1
Abb.: Algorithmus zur Biologikatherapie bei schwerem Asthma.
Abkürzungen: ICS: Inhalative Corticosteroide, OCS: Orale Corticosteroide, IgE: Anti-Immunglobulin E, Anti-IL-5-(R): Anti-Interleukin-5-(Rezeptor), Anti-IL-4-R: Anti-Interleukin-4-Rezeptor alpha, Anti-TSLP: Anti-Thymic stromal lymphopoietin, CRSwNP: Chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen, EGPA: Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, EoE: eosinophile Ösophagitis, HES: Hypereosinophiles Syndrom, PN: Prurigo nodularis. * Unterschiedliche Bluteosinophilen-Grenzwerte in den Zulassungsstudien von Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab. ** Eine Dupilumab-Therapie-Einleitung sollte aufgrund der Gefahr schwerer Hypereosinophilien bei Bluteosinophilen Ausgangswerten > 1500/μl nur in begründeten Fällen erfolgen [127]. & Omalizumab ist für die Behandlung der chronisch spontanen Urticaria ab einem Alter von 12 Jahren, und für die Behandlung der CRSwNP ab 18 Jahren zugelassen. # Mepolizumab ist für Behandlung der EGPA ab einem Alter von 6 Jahren, und für die Behandlung der CRSwNP und des HES ab 18 Jahren zugelassen. § Dupilumab ist für die Behandlung der Neurodermitis ab einem Alter von 6 Jahren, für die Behandlung der EoE ab 12 Jahren (Körpergewicht mindestens 40 kg), und für die Behandlung der CRSwNP und der PN ab 18 Jahren zugelassen. 1
Zugelassene Biologika und ihre Biologika-Klassen in Europa zur Behandlung von schwerem Asthma:
Abkürzungen: s.c.: subkutan, i.v.: intravenös, IgE: Immunglobulin E, IL-5-(R): Interleukin-5-(Rezeptor), IL-4-R: Interleukin4-Rezeptor alpha, TSLP: Thymic stromal lymphopoietin. * Benralizumab wird zunächst dreimal im Abstand von 4 Wochen appliziert, danach im Abstand von 8 Wochen. 1
Rezensionen:
- S2k-Leitlinie zur fachärztlichen Diagnostik und Therapie von Asthma 2023
- Global Initiative for Asthma, Global Strategy for Asthma Management and Prävention, 2023
- Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, 4. Auflage, 2020